Wissenschaft

Behandlung durch kleine Nadelstiche

Bei einer Akupunkturbehandlung, die meistens im Liegen stattfindet, werden dem Patienten je nach Erkrankung an ausgewählten Stellen Nadeln in die Haut eingestochen. Die sterilen Einmal-Nadeln sind speziell geschliffen, der Patient spürt daher nur wenig, gelegentlich einen minimalen, anfänglichen Einstichschmerz. Nach einiger Zeit kann ein dumpfes Schwere- oder Wärmegefühl in den behandelten Bereichen entstehen, das sogenannte "De-Qi"-Gefühl. Die Nadeln verbleiben etwa 20 bis 30 Minuten in der Haut. Um bestimmte Wirkungen zu erzielen, werden spezielle Stimulationstechniken angewendet. So können die Nadeln zusätzlich erwärmt (Moxibustion), mit unterschwelligem Reizstrom stimuliert oder auf und ab bewegt werden.
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Nebenwirkungen

AOK-StudieTK-Studie
Einbezogene Patienten191.000262.000
Nebenwirkungen gesamt (in %)7,58,5
Nadelungsschmerzk.A.2,0
Blutungen/Bluterguss5,26,1
Symptomverschlechterung1,3k.A.
Kreislaufschwäche/ Schwindel/ Erbrechen0,70,7
Nervenverletzung0,10,2

Quelle: Veröffentlichungen der Studienergebniss, v.a. im Deutschen Ärzteblatt


Trotzdem kann es passieren, dass das Nadeln wehtut, es an der Einstichstelle blutet oder sich unter der Haut ein Bluterguss bildet. Damit sind sie auch schon genannt, die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen einer Akupunktur. In den großen Krankenkassenstudien dokumentierten Ärzte die aufgetretenen Nebenwirkungen (siehe Tabelle). Allgemein von Nebenwirkungen betroffen waren etwa acht Prozent der mit Akupunktur behandelten Patienten.

Die Indikationen der Akupunktur

Ob Rückenschmerzen oder Verdauungsschmerzen – alternative Heilmethoden wie zum Beispiel die Akupunktur können bei ganz verschiedenen Krankheiten eingesetzt werden. In Deutschland wird die Akupunktur vor allem gegen folgende Erkrankungen eingesetzt:
  • Schmerzen des Bewegungsapparates
  • Spannungskopfschmerz und Migräne
  • vegetative Störungen
  • funktionelle Störungen des Verdauungs- und Respirationstraktes

Akupunktur - eine Kassenleistung

Anfang 2002 begannen in Deutschland die GERAC-Studien zur Akupunktur (German Acupuncture Trials). Ziel der Studien ist die Beurteilung der Wirksamkeit der chinesischen Akupunktur im Vergleich zu einer Sham-Akupunktur (einer Schein-Akupunktur an unspezifischen Körperstellen) und im Vergleich zur etablierten Standardtherapie bei chronischer Migräne, chronischem Spannungskopfschmerz, Kreuzschmerz und Kniegelenksarthrose. Die Studien beziehen sich auf ein Kollektiv von circa 70 Prozent der in Deutschland versicherten Kassenpatienten. Mit mehr als 300 000 geplanten Patienten in der Kohortenstudie und mehr als 3 600 Patienten in den randomisierten, kontrollierten, verblindeten Studien sind die GERAC-Studien die weltweit größten Akupunkturstudien. Zudem sind sie in Deutschland die ersten von der Gesetzlichen Krankenversicherung bezahlten good clinical practice konformen, klinischen, kontrollierten Therapiestudien überhaupt.

Zurzeit können sowohl die chronische Gonarthrose als auch die chronische Lumbago von den meisten Krankenkassen als reguläre Gesundheitsleistung abgerechnet werden.

Evidenzbasierte Medizin - Akupunktur bei Schmerzen

Forscher haben festgestellt, dass die Nadeln über Aß-Fasern segmental eine „Gate-Control“ Hemmung hervorrufen, weche die Weiterleitung von Schmerzsignalen in Aẟ-Fasern an das Rückenmark hemmt. Die heilende Wirkung kommt u.a. auch dadurch zustande, dass der stimulierende Reiz der Nadeln im Gehirnzu der vermehrten Ausschüttung schmerzlindernder und stimmungsaufhellender Substanzen beiträgt. Dazu gehören das Serotonin, körpereigene Morphine wie das Endorphin sowie die Enkephaline.

Morphine - Alles nur Glückssache?

In einer sehr alten Studie haben Wissenschaftler die Einflussnahme von endogenen Opioiden bei Akupunktur betrachtet. Hierzu wurden gesunde Probanden gebeten, sich bei einem Zahnarzt auf den Behandlungsstuhl zu setzen. Gemessen wurde hier die auszuhaltene Schmerzgrenze bei einem messbaren elektrischen Impuls an den Zähnen.

Die Probanden wurden hierbei in drei Gruppen eingeteilt, von denen zwei zusätzlich Akupunktur erhielten. Die erste Gruppe hat keine Intervention erhalten ("Placebo"), der zweiten Gruppe mit Akupunktur wurde Naloxon gegeben. Die dritte Gruppe, ebenfalls mit Akupunktur, wurde mit Kochsalz "antagonisiert"

In der Abbildung ist zu sehen, dass die Schmerzgrenze der Patienten, welche zusätzlich Akupunktur erhielten, höher liegt als jene der Placebogruppe. Außerdem kann nach Gabe von Naloxon - im Vergleich zu Kochsalz - trotz fortlaufender Akupunkturbehandlung eine signifikanten Abnahme der Schmerztoleranz beobachtet werden.